Stellen wir uns eine Welt vor, in der es keine Ausbildungsberufe gibt. In dieser Welt existieren keine Fachkräfte, die handwerkliche, soziale oder technische Dienstleistungen erbringen. Die Gesellschaft wäre auf sich selbst gestellt, ohne spezialisierte Unterstützung in Bereichen wie Pflege, Bildung, Technik oder Handwerk. Keine Handwerkslehre, kein Kochkurs, kein Mechaniker, der dir den Motor wieder zum Laufen bringt. Stattdessen leben wir nur noch mit Akademikern und Nicht-Gelernten – eine Welt, in der jeder entweder studiert hat oder einfach nur so vor sich hinlebt, ohne praktische Fähigkeiten.
Klingt spannend?
Vielleicht auch ein bisschen verrückt.
Dieses Gedankenspiel soll die die fundamentale Bedeutung von Ausbildungsberufen für das Funktionieren unserer Gesellschaft verdeutlichen.
In dieser Welt, nennen wir sie „Theoretica“, sind die Straßen voll von Menschen, die alles wissen – oder zumindest glauben, alles zu wissen.
Akademiker, sie sitzen in Büros, diskutieren komplexe Theorien, schreiben Bücher und halten Vorträge. Sie sind stolz auf ihr Wissen, teilen es und andere profitieren davon, doch wenn es um praktische Probleme geht, sind sie oft hilflos. Sie haben keine Erfahrung im Handwerk, im Bau oder in der Reparatur. Sie kennen die Theorie, aber nicht die Praxis.
Die Nicht-Gelernten hingegen haben keine akademische Ausbildung, kein theoretisches Wissen, kein grundsätzliches theoretisches Verständnis, aber sie haben gelernt, Dinge durch Ausprobieren, Fehler und Erfahrung zu meistern.
Sie bauen Häuser, reparieren Maschinen, kochen, was sie können – oft ohne viel Nachdenken, nur durch Versuch und Irrtum. Sie sind die „Macher“ der Welt, auch wenn sie von den Akademikern oft belächelt werden.
Eines Tages kommt es zu einer Krise: Der Fluss, der die Stadt teilt, droht zu überfluten. Die Akademiker diskutieren stundenlang über die Ursachen, die mathematischen Modelle, die Umweltfaktoren. Sie planen und berechnen, doch niemand weiß genau, wie man praktisch eine stabile Brücke baut, um die Stadt zu retten.
Die Nicht-Gelernten hingegen, die schon oft improvisiert haben, um kleine Brücken zu bauen, packen es an. Sie sammeln Holz, Seile, Steine und bauen eine Brücke.
Die Akademiker schauten zu, dachten nach und kritisierten „Das wird nicht halten, ihr wisst doch überhaupt nicht was ihr da macht.“
Die Brücke wurde fertiggestellt und zum Erstaunen aller ist sie stabil.
Der Wasserpegel steigt weiter an und die Bedrohung durch das Wasser wird immer ernster. Die Menschen machen sich keine weiteren Gedanken, da sie ja bereits eine funktionierende Brücke haben.
Eines Tages brach die Brücke zusammen, etwas hatte in der Konstruktion der Brücke nicht gepasst.
Die Theoretiker nehmen ihre Überlegungen, Berechnungen und Pläne und sprechen mit den Praktikern. Sie erklären ihnen wo der Fehler lag und machen den Vorschlag eine weitere Brücke zu bauen. Die Praktiker
einfach, praktisch, funktional.
Es gibt keine Handwerker, die dir eine Türe oder Fenster reparieren, keinen Bäcker, der dir ein Brot backt, das noch warm ist. Stattdessen sitzen die Leute in Cafés, diskutieren über Quantenphysik, Astrologie oder Philosophie, während die Häuser um sie herum langsam verfallen, weil niemand mehr weiß, wie man sie repariert.
Eines Tages beschließt eine Gruppe von Nicht-Gelernten, die „Praktiker“ genannt werden, dass sie genug haben. Sie sind die einzigen, die noch praktische Fähigkeiten besitzen – weil sie einfach gemacht haben, was sie konnten, ohne viel nachzudenken. Sie bauen eine Brücke, um den Fluss zu überqueren, weil sie wissen, wie man Holz und Seile benutzt. Die Akademiker schauen ihnen skeptisch zu und sagen: „Das ist doch alles nur improvisiert. Das wird nie halten.“ Doch die Praktiker lachen nur und bauen weiter.
Was passiert? Die Brücke hält, weil sie aus echten Materialien besteht, nicht nur aus Theorien. Die Menschen auf der anderen Seite sind begeistert, weil sie endlich wieder sicher über den Fluss kommen. Doch die Akademiker sind verwirrt. Sie haben alles studiert, aber keine praktische Lösung gefunden. Sie diskutieren stundenlang darüber, warum die Brücke so funktioniert, während die Praktiker einfach nur froh sind, dass sie es gemacht haben.
In dieser Welt merkt man schnell: Wissen allein reicht nicht. Es braucht auch Können, Erfahrung und manchmal einfach den Mut, Dinge auszuprobieren. Die Akademiker sind stolz auf ihr Wissen, aber sie sind auch hilflos, wenn es um praktische Probleme geht. Die Nicht-Gelernten sind die, die wirklich handeln – auch wenn sie manchmal Fehler machen.
Am Ende erkennt man: Eine Welt ohne Ausbildung ist nicht nur lustig oder chaotisch, sondern auch ehrlich. Es zeigt, dass es nicht nur um Theorien geht, sondern um das Tun. Und vielleicht, nur vielleicht, braucht es beides – das Wissen der Akademiker und die Erfahrung der Praktiker – um wirklich voranzukommen.