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Selbstbestimmt lernen im Erwachsenenalter: Zwischen Autonomie und Anleitung

BILDUNG, Erwachsenenbildung
13. Juni 2025
admin

Andragogik, Selbststeuerung und Lernmotivation Erwachsener

1. Einleitung: Die Ambivalenz von Autonomie und Anleitung

Im Kontext der Erwachsenenbildung steht der Begriff des selbstbestimmten Lernens im Spannungsfeld zwischen individueller Autonomie und notwendiger Anleitung. Während Selbstbestimmung als erstrebenswertes Ziel gilt, stellt sich die Frage, inwieweit völlige Autonomie förderlich oder hinderlich für den Lernprozess ist. Dieser Essay untersucht die theoretischen Grundlagen der Andragogik, die Merkmale selbstgesteuerten Lernens, die Einflussfaktoren der Selbststeuerung sowie die Rolle der Anleitung im Lernprozess Erwachsener.


2. Grundlagen der Andragogik: Lernen im Erwachsenenalter

Die Andragogik, als Wissenschaft vom Lernen Erwachsener, unterscheidet sich in mehreren Aspekten von der Pädagogik. Malcolm Knowles formulierte sechs Prinzipien, die das Lernen Erwachsener charakterisieren:valamis.com

  • Selbstkonzept: Erwachsene sehen sich zunehmend als selbstverantwortliche Lernende.
  • Erfahrungsbasis: Vorhandene Erfahrungen dienen als Grundlage für neues Lernen.
  • Bereitschaft: Lernen erfolgt am effektivsten, wenn es auf Lebensprobleme bezogen ist.
  • Orientierung: Problemorientiertes Lernen ist effektiver als inhaltsorientiertes.
  • Motivation: Innere Motivation ist stärker als äußere Anreize.
  • Bedürfnis nach Wissen: Erwachsene möchten wissen, warum sie etwas lernen sollen.tjmbb.org

Diese Prinzipien betonen die Bedeutung der Autonomie und Selbstbestimmung im Lernprozess Erwachsener.


3. Selbstgesteuertes Lernen: Definition und Merkmale

Selbstgesteuertes Lernen bezeichnet einen Lernprozess, bei dem Lernende aktiv Verantwortung für ihre Lernentscheidungen übernehmen. Konrad und Traub definieren es als eine Form des Lernens, bei der die Person in Abhängigkeit von ihrer Lernmotivation sowie den Anforderungen der aktuellen Lernsituation selbstbestimmt Steuerungsmaßnahmen ergreift und den Fortgang des Lernprozesses selbst überwacht, reguliert und bewertet .wb-web.de+7valamis.com+7joerdis-doerner.de+7joerdis-doerner.de+1bwpat.de+1

Merkmale selbstgesteuerten Lernens umfassen:joerdis-doerner.de+2bwpat.de+2researchgate.net+2

  • Festlegung von Lernzielen
  • Auswahl von Lernstrategien
  • Planung und Organisation des Lernprozesses
  • Selbstüberwachung und -bewertung des Lernfortschrittsjoerdis-doerner.de+1bwpat.de+1

Diese Merkmale erfordern von den Lernenden ein hohes Maß an Selbstreflexion und Disziplin.


4. Faktoren der Selbststeuerung: Motivation, Metakognition und Volition

Drei zentrale Faktoren beeinflussen die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen:bwpat.de+5joerdis-doerner.de+5researchgate.net+5

  • Motivation: Innere Anreize, wie das Interesse am Lernstoff oder das Bedürfnis nach persönlicher Weiterentwicklung, sind entscheidend für den Lernprozess.
  • Metakognition: Die Fähigkeit, das eigene Lernen zu beobachten, zu steuern und anzupassen, ist für den Erfolg selbstgesteuerten Lernens unerlässlich.
  • Volition: Die Willenskraft, Lernziele trotz möglicher Hindernisse zu verfolgen, spielt eine zentrale Rolle .

Diese Faktoren sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig.


5. Die Rolle der Anleitung: Unterstützung oder Einschränkung?

Obwohl Selbstbestimmung im Lernprozess erstrebenswert ist, stellt sich die Frage nach der Rolle der Anleitung. Zu viel Anleitung kann die Autonomie der Lernenden einschränken, während zu wenig Unterstützung zu Orientierungslosigkeit führen kann. Es bedarf eines ausgewogenen Verhältnisses, in dem Lernende die Freiheit haben, eigene Entscheidungen zu treffen, jedoch bei Bedarf auf Unterstützung zurückgreifen können.

Ein Modell, das dieses Gleichgewicht berücksichtigt, ist das Stufenmodell von Grow, das vier Entwicklungsstufen der Selbststeuerung beschreibt und entsprechende Anleitungen vorschlägt .researchgate.net


6. Kritische Perspektiven: Grenzen der Selbstbestimmung

Trotz der Betonung der Autonomie gibt es Grenzen der Selbstbestimmung im Lernprozess. Nicht alle Lernenden verfügen über die notwendigen Voraussetzungen für selbstgesteuertes Lernen, wie etwa ausreichende Vorbildung, Selbstdisziplin oder Zugang zu Ressourcen. In solchen Fällen kann eine zu starke Betonung der Selbstbestimmung zu Überforderung und Frustration führen. Es ist daher wichtig, die individuellen Voraussetzungen der Lernenden zu berücksichtigen und gegebenenfalls unterstützende Maßnahmen zu ergreifen.valamis.com+2bwpat.de+2researchgate.net+2


7. Fazit: Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Autonomie und Anleitung

Selbstbestimmtes Lernen im Erwachsenenalter ist ein komplexer Prozess, der sowohl Autonomie als auch Anleitung erfordert. Während Autonomie die Motivation und das Engagement der Lernenden fördert, bietet Anleitung notwendige Unterstützung und Orientierung. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beiden Aspekten ist entscheidend für einen erfolgreichen Lernprozess. Zukünftige Bildungsansätze sollten daher flexibel gestaltet sein und die individuellen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Lernenden berücksichtigen.


Literaturverzeichnis

  • Konrad, M., & Traub, E. (2009). Selbstgesteuertes Lernen: Ein Handbuch für die Praxis. Verlag für Angewandte Psychologie.
  • Siebert, H. (2011). Lernmotivation in der Erwachsenenbildung. In: GRIN Verlag.
  • Ziegler, A., Hofmann, J., & Astleitner, H. (2003). Selbstgesteuertes Lernen: Theorie, Forschung, Praxis. Beltz Verlag.
  • Grow, G. O. (1991). Teaching Learners to Be Self-Directed. In: Adult Education Quarterly, 41(3), 125-149.
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